Corona-Virus – Ausweitung der Notbetreuung

Anweisungen auf „holprigem Wege“ in „wilden Zeiten“

Zur Ausweitung der Notbetreuung wenden sich zahlreiche Kolleg*innen an die GEW. Wir versuchen, einen Pfad durch den Informationsdschungel zu schlagen...
Corona-Virus – Ausweitung der Notbetreuung

Unser Beitrag wurde am 22.03. verfasst und bereits mehrfach aufgrund der aktuellen Entwicklungen inhaltlich überarbeitet. Mit dem 28.03. stellen wir die Überarbeitung ein, da es inzwischen zahlreiche Informationen über die Schulmails und auf den Seiten des MSB oder durch die GEW-NRW für Lehrkräfte gibt.

Die GEW Duisburg hält die Entstehung der Anweisung in der achten Schulmail zum Umgang mit dem Corona-Virus für fragwürdig. Die Mitbestimmungswege scheinen abgekürzt worden zu sein. Auch viele praktische und  juristische Probleme sind ungeklärt.

Was aber aktuell klargestellt werden sollte, haben wir hier zusammengefasst.

Hygienemaßnahmen sicherstellen

Aus Sicht der GEW NRW müssen Hygienemaßnahmen sichergestellt werden. Maike Finnern, Landesvorsitzender der GEW NRW, hat in einem Brief an die MInisterin Gebauer unter anderem gefordert:

  • Dem Personal in den Schulen werden – unabhängig davon, wer Anstellungsträger ist - Schutzmasken zur Verfügung gestellt, die zumindest die Ansteckung des Gegenübers verhindern. Hier ist das Land in der Pflicht.
  • Die Schulträger müssen sicherstellen, dass in den Schulen geeignete Desinfektionsmittel und Seifen in ausreichender Menge zur Verfügung stehen. Einmalhandschuhe müssen ebenfalls in ausreichender Menge bereitgestellt werden.
  • Die Einhaltung der Hygienepläne gem. der Vorgaben des Landeszentrums für Gesundheit wird überprüft und zur Umsetzung angehalten. Hierbei kooperieren Schulträger und Schulaufsicht.
  • Die Schulträger müssen sicherstellen, dass für Schulen mit Notbetreuung besondere Reinigungspläne eingeführt werden. Die Schulreinigung muss ausgeweitet werden.

Schulmails und Infos des MSB

Wenn in unserem Artikel von den Schulmails die Rede ist, so lassen sich alle Belegstellen im Schulmail-Archiv finden.

Inzwischen gibt es auch eine Seite des MSB, die Antworten auf einige Fragen gibt: Fragen und Antworten des MSB zur Notbetreuung

Diese Informationen hält die GEW Duisburg für besonders wichtig:

  • Die Notbetreuung kann ab 23.03.2020 auch in Anspruch genommen werden, wenn nur ein Elternteil „in kritischen Infrastrukturen beschäftigt (ist), dort unabkömmlich (ist) und eine Betreuung im privaten Umfeld nicht gewährleisten (kann)“.
  • Diese Ausweitung muss erneut beantragt werden.
  • Außerdem wird die Notbetreuung auch zeitlich ausgeweitet: bis 19.04.2020 und „bei Bedarf an allen Tagen der Woche, also auch samstags und sonntags, und in den Osterferien grundsätzlich mit Ausnahme von Karfreitag bis Ostermontag“.
  • Über den Einsatz der Lehrkräfte sollen jetzt Schulleitungen entscheiden, sich dabei an die Vorgaben aus der fünften Schulmail halten (keine Einsätze für Lehrkräfte „Ü60“, mit Vorerkankungen, Schwangere bzw. in Mutterschutz).
  • Das Wichtigste, was die GEW Duisburg die Kollegien und Lehrerräte wissen lassen möchte, ist, dass zuerst Freiwillige eingeplant werden sollen, die Lehrerräte über die Planung der Schulleitung informiert werden müssen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben ist.
  • Die GEW Duisburg hat für diese Bewertung kein „Patentrezept“, weil das für jeden Schulstandort und je nach Zusammensetzung der Kollegien individuelle Abwägungen sein werden.
  • Allerdings sollten dabei Kriterien wie „anteilig normale Wochenstundenzahl“, „Berücksichtigung der privaten Situation“ (Betreuung und/oder Pflege von Angehörigen, Schwerbehinderung), „gleichmäßige Verteilung“ berücksichtigt werden.
  • Notbetreuung ist KEIN regulärer Unterricht.
  • Die Einsätze in der Notbetreuung sollten vom Umfang/zeitlich dokumentiert werden.

Fragen und Antworten

Außerdem erscheint es uns sinnvoll, die bereits zahlreich eingetroffenen Anfragen der Kolleg*innen und unsere Antworten (Kenntnisstand: 22.03.2020, 16.00 Uhr! Letzte Überarbeitungen am 28.03.2020) hier zusammenzutragen:

Hat der Personalrat dem Vorgehen zugestimmt und was hält er von der Ausweitung der Arbeitszeit auf Ferien und Feiertage?

  • Die Schulmail Nummer 8 wurde ohne Beteiligung des HPR, sondern nur im Rahmen einer informativen Besprechung der HPR-Vorsitzenden, am 20.03. veröffentlicht. Der HPR hat umgehend eine Beteiligung gemäß § 66 Absatz 8, Satz 2 LPVG eingefordert. Am 24.03. wurde das förmliche Beteiligungsverfahren eingeleitet.

  • Grundlage für § 66 Absatz 8, Satz 2 LPVG ist, dass die Sache keinen Aufschub duldet. Ob das nicht bis Montag hätte warten können, ist zu bezweifeln.Staatssekretär Richter hat sich für das Vorgehen in einem Brief gegenüber dem HPR ausdrücklich entschuldigt.

  • Wenn alles freiwillig und für die Beschäftigen sicher und ohne Mehrbelastung abläuft, so kann das ja noch angehen, doch sieht das ArbZG in § 10 die Sonn- und Feiertagsbeschäftigung nur vor, wenn die öffentliche Sicherheit und Ordnung Aufrecht erhalten werden soll. Hierzu gibt es derzeit keine offizielle Äußerung der Landesregierung.

Muss ich in den Ferien arbeiten und Schüler beaufsichtigen?

  • Gemäß achter Schulmail: Ja. Ferien sind nur unterrichtsfreie Zeit. Notbetreuung ist im engeren Sinne kein Unterricht.

Wie wird sichergestellt, dass ich in den Sommerferien meinen Erholungsurlaub nehmen kann?

  • Es sollte von den betroffenen Lehrkräften ein Nachweis durch die SL eingefordert werden, wie umfänglich sie in den Osterferien gearbeitet haben.

Muss ich am Wochenende inklusive Sonntag arbeiten und Schüler beaufsichtigen?

  • Ja. Das ArbZG regelt in § 10 die Sonn- und Feiertagsbeschäftigung. Es scheint bislang keine juristische Argumentation des MSB dazu zu geben, doch es liegt § 10 Absatz 1 Satz 2 ArbZG nahe, da die öffentliche Sicherheit und Ordnung Aufrecht erhalten werden soll. Ob das haltbar ist, sei dahingestellt, weil es hierzu derzeit keine offizielle Äußerung der Landesregierung gibt.

Gibt es eine Unterscheidung in Beamte und Tarifbeschäftigte in Hinblick auf die Arbeit am Wochenende bzw. in den Ferien?

  • Nein. Im Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) vom 12. Oktober 2006 in der Fassung des Änderungstarifvertrages Nr. 11 vom 2. März 2019 steht in § 44 Sonderregelungen für Beschäftigte als Lehrkräfte Nr. 1 Zu § 1 – Geltungsbereich unter Nr. 2 Zu Abschnitt II - Arbeitszeit - "Die §§ 6 bis 10 finden keine Anwendung. Es gelten die Bestimmungen für die entsprechenden Beamten in der jeweils geltenden Fassung. Sind entsprechende Beamte nicht vorhanden, so ist die Arbeitszeit im Arbeitsvertrag zu regeln."

Was bedeutet Freiwilligkeit und was sind getroffene Dispositionen in den Osterferien, auf die Rücksicht genommen werden soll?

  • Zunächst muss die SL alle nicht als Risikogruppe in Frage kommenden Kolleg*innen fragen, ob sie freiwillig in den Ferien oder am Wochenende arbeiten würden. Erst danach kann jemand gegen seinen Willen verpflichtet werden. Der Lehrerrat muss hierüber transparent informiert werden.

  • Dispositionen könnten sein: Urlaubsreise (insofern das dann überhaupt geht), Reha-Maßnahme, anderweitige vorrangige Dienstgeschäfte (z.B. Personalrat)

Wie ist der Schutz von Lehrkräften in der Schule gewährleistet (Atemmasken, Schutzanzüge, Desinfektionsmittel, Seife und Waschbecken, Mindestabstand zu Kolleg*innen und Schüler*innen)?

  • Da machte sich das MSB einen schlanken Fuß. in der FAQ-Liste hieß es zunächst: "Grundsätzlich verweisen wir noch einmal auf die Informationsangebote des RKI und der Gesundheitsbehörden." Genauer hier.

  • In der fünften Schulmail heißt es zudem: Jede Schule organisiert diese Notbetreuung für die eigenen Schülerinnen und Schüler. Damit sind alle Schulen mit entsprechenden Jahrgangsstufen für dieses Betreuungsangebot offen zu halten. Aus Gründen des Infektionsschutzes sind diese Betreuungsgruppen grundsätzlich im bisherigen Klassenverband zu bilden.

  • In der zehnten Schulmail gibt es genauere Hinweise zum Umgang mit Corona an den Schulen. Die Maßnahmen zum Schutz des Personals in der Notbetreuung, die Gruppengröße, wer zum Betreuungspersonal gehört und wie die Gruppen zusammengesetzt sein sollen, wird dort bestimmt.

  • Die GEW-NRW hat inzwischen klare Hinweise auf die Hygienemaßnahmen zusammengefasst. Alle Infos hierzu unter: #gewhilft: Was gilt für den Notdienst in der Schule?

Wann gehöre ich zu einer Risikogruppe, wenn eine Eindeutigkeit durch RKI und MSB nicht formuliert wurde? Muss ich ein Attest meines Arztes vorlegen, damit ich als Risikogruppe von der Schulleitung nicht eingesetzt werde?

  • Eindeutige Risikogruppen sind laut MSB: Lehrkräfte, die sechzig Jahre und älter sind oder in Bezug auf das Corona-Virus ein erhöhtes Risiko (z.B. relevante Vorerkrankungen) haben, dürfen nicht für die Notbetreuung eingesetzt werden. Schwangere und Lehrerinnen, die sich nach der Entbindung noch im Mutterschutz befinden, dürfen gleichfalls nicht zur Betreuung herangezogen werde.

  • Das RKI listet Risikogruppen hier auf.

  • Wenn jemand unsicher ist, ob er zu einer der Risikogruppen gehört, so informiert er die SL darüber, dass er möglicherweise zur Risikogruppe gehört, klärt mit seinem Arzt ab, ob dem so ist und fordert ein, bis zur Klärung nicht in der Notbetreuung eingesetzt zu werden.

Wie findet eine Arbeitszeiterfassung außerhalb der sonst üblichen Pflichtstunden bei Präsenzen in der Schule zur Betreuung der Schüler*innen statt? Wie wird die Heimarbeit erfasst bzw. abgerechnet?

  • Es gibt keine Regelung hierzu. Zum Eigenschutz sollte eine eigene tägliche und grob qualitative Arbeitszeiterfassung erfolgen.

Was passiert mit einer Arbeitszeit, die über 41 Zeitstunden hinaus stattgefunden hat?

  • Jede Lehrkraft sollte ihre Arbeitszeit protokollieren. Das umfasst die Heimarbeit, um z.B. Schüler digital zu unterrichten ebenso wie Präsenzzeit in der Schule oder die Notbetreuung. Überschreitet man die wöchentliche Arbeitszeit von 41 Zeitstunden, so sollte man die Schulleitung fragen, wie weiter verfahren wird. Gibt es bezahlte Mehrarbeit, Freizeitausgleich? Die SL wird vermutlich nicht dergleichen anbieten können. Die Betroffenen sollten daraufhin ihre Anfrage auf dem Dienstweg an die Dienststelle (also Schulamt bzw. Bezirksregierung) stellen.

Gibt es einen Zuschlag bei Sonntagsarbeit oder einen anderen Ausgleich hierfür?

  • Der Dienst in der Schule an Samstagen und Sonntagen wird im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit der Lehrkräfte geleistet. Zusätzlich zu der Besoldung oder Vergütung werden Zulagen für den Dienst zu ungünstigen Zeiten auf Grundlage des § 65 Landesbesoldungsgesetz, §§ 3,4 Erschwerniszulagenverordnung und § 44 Nr. 2 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder gezahlt.

    Voraussetzung ist, dass die Lehrkräfte im Kalendermonat mehr als fünf Stunden Dienst zu ungünstigen Zeiten leisten. Die Höhe der Zulage beträgt für den Dienst an Samstagen nach 13 Uhr bis zum Ende der Betreuung 0,64 Euro je Stunde. Bei Beamtinnen und Beamte im Vorbereitungsdienst beträgt die Zulage 0,77 Euro je Stunde. Bei einem Dienst an Sonntagen beträgt die Zulage 3,58 Euro je Stunde.  Über die Details der Abrechnung werden die Schulen und Schulaufsichtsbehörden noch informiert.

  • Einen Zeitausgleich für Sonntagsarbeit müsste es nach Einschätzung der GEW Duisburg geben, da der § 11 Absatz 3 ArbZG aussagt, dass wer sonntags arbeitet, innerhalb der darauf folgenden zwei Wochen einen Ersatzruhetag bekommt. Ein weiterer Grund dafür, die Einsätze im Umfang/zeitlich zu dokumentieren!