Für viele Grundschul-Kollegien Duisburgs ist „Schulscharf“ zu einem Unwort geworden: Die Kolleg*innen müssen Stellen dringend nachbesetzen, bereiten mit Schulleitung und Schulkonferenz eine schulscharfe Ausschreibung vor, bilden eine Auswahlkommission, die noch viel mehr Arbeit damit hat, sind dann überrascht über leere Ordnungsgruppenlisten und enttäuscht, wenn sich stellenweise überhaupt niemand mehr zum Auswahlgespräch einfindet. Das machen sie mittlerweile für ein und dieselbe ausgeschriebene Stelle oft vier oder fünf Mal nacheinander und müssen dafür sogar noch Ferientage opfern. An den 76 Duisburger Grundschulen wurden zum 01.11.2016 mit allen Wiederholungsausschreibungen und Listenziehungen 99 Lehrkräfte gesucht – es konnten aber nur 32 Stellen besetzt werden (14 Vertretungsreservestellen „liefen leer“, 5 Sonderpädagogik-Stellen ebenfalls).
Vertretungsreserve schrumpft, Sprachförder- und Sonderpädagogikstellen bleiben unbesetztDie dringend benötigte Vertretungsreserve schrumpft stark und wird in Duisburg wohl bald komplett unbesetzt bleiben – gerade Krankheitsausfälle, die angesichts der Belastungen häufiger werden, können nun noch seltener vertreten werden. Das Ministerium für Schule und Weiterbildung (MSW) hatte im Spätsommer 2015 den Schulämtern, die am meisten geflüchtete Kinder erwarteten, vor allem Stellen zur Sprachförderung zugewiesen. In Duisburg blieb es leider nur bei der Zuweisung, weil sich auf 9 sogenannte „DaZ-/DaF-Stellen“ seitdem keine Kolleg*innen beworben haben.
Das Schulamt Duisburg hat Hunderte Kinder mehr als in Vorjahren zugewiesen bekommen – die Förderung müssen die Kollegien aber schlimmstenfalls sogar mit weniger Kolleg*innen und Stunden leisten.
Belastungen und Krankheitsausfälle nehmen zu, Stundenpläne unter MindestbandbreiteAn den Grundschulen wachsen somit die Belastungen und die Unterrichtsqualität verschlechtert sich. Die Hilfsmaßnahmen des Ministeriums „greifen“ aber nicht: Die Kolleg*innen sind verständlicherweise wenig motiviert, ihre Teilzeitreduzierungen
aufzustocken und der Erlass für die Einstellung von Gymnasiallehrkräften an Grundschulen blieb ohne Ergebnisse (Nicht zuletzt, weil es an Duisburger Gymnasien ja noch freie Stellen gibt!).
Stundenpläne können manchmal nur unterhalb der Mindeststundenbandbreiten aufgestellt werden. Angesichts der unterdurchschnittlichen Unterrichtsversorgung nordrheinwestfälischer Grundschulen benachteiligt das die Schüler*innen noch mehr und wird mittelfristig deren Eltern beunruhigen.Zu Beginn des Schuljahres 2016/17 kam es in Duisburg zu zahlreichen „Not-Abordnungen“, um an einigen Grundschulen wenigstens Minimal-Stundenpläne gewährleisten zu können. Nur wenig Entlastung ist in Sicht (im November 2016 konnten von den 99 offenen Stellen lediglich 32 besetzt werden;
spätestens im zweiten Halbjahr wäre die Situation wegen der Pensionierungen aber wohl wieder ähnlich schlimm wie jetzt), es ist zu befürchten, dass durch mehr Krankheitsausfälle eine Dynamik entsteht, die noch schwieriger zu kompensieren ist.
MSW „schaut weg“ - Forderungen der GEWIn den Stellungnahmen des Sommers und in Gesprächen mit Verantwortlichen machte die Landesvorsitzende Dorothea Schäfer auf die Probleme aufmerksam. Aber auf Vorschläge die Qualitätsanalyse, VERA3 oder Delfin4 wenigstens an den stark belasteten Standorten auszusetzen, reagierte das Ministerium abwiegelnd und ließ auch gegenüber anderen
Forderungen sinngemäß durchblicken: „Vor Ende des Landtagswahlkampfs packen wir das nicht an.“ Dabei wurde auf eine tiefgreifende Forderung bislang verzichtet, die die schleichende Ausdünnung des Personals an den sogenannten Brennpunktschulen schnell bekämpfen könnte: Das zeitweilige Aussetzen der schulscharfen Verfahren
zugunsten einer zentralen Steuerung der Zuweisung bezogen auf die höchsten Bedarfe und stärksten Unterversorgungen. Das entspräche dem solidarischen Prinzip einer Gewerkschaft und würde auch „Brennpunktschulen“ in (statistisch) besser versorgten Bezirken helfen.
Natürlich hängen die Probleme vor allem mit einer überfälligen Aufwertung der Arbeit in den Grundschulen zusammen, die langfristig nötigen Maßnahmen dürfen aber den Blick auf kurzfristig unabdingbare Rettungsmaßnahmen nicht verstellen. Die Landesregierung ergreift Maßnahmen, die den Kollegien an betroffenen Grundschulen nicht weiterhelfen und ist somit dabei, das Thema „Lehrkräftemangel“ im beginnenden Landtagswahlkampf zu ignorieren – die GEW wird das nicht zulassen.
Fachgruppe Grundschule der GEW Duisburg