Von Pleitegeiern, Haussegen und Rabbinerinnen

Große Resonanz - Führung durch das Jüdische Gemeindezentrum Duisburg

Dr. L. Joseph Heid begeisterte und überraschte uns in seiner Führung durch das Jüdische Gemeindezentrum. Geboten wurde uns Heiteres ebenso wie Nachdenkliches rund um das jüdische Leben in der Gemeinde in Duisburg.
Von Pleitegeiern, Haussegen und Rabbinerinnen

Am 27. Januar 1945 wurden die Überlebenden des Vernichtungslagers Auschwitz von der Roten Armee befreit, am 8. Mai 2020 jährt sich zum 75. Mal der Tag der Befreiung  von der nationalsozialistischen Terrorherrschaft – Anlass für uns als GEW, daran zu erinnern, dass nie wieder von deutschem Boden aus Krieg, Terror, Antisemitismus und Verfolgung Andersdenkender ausgehen dürfen.

Durch den Besuch des Jüdischen Gemeindezentrums erfuhren wir mehr über das Schicksal Duisburger Juden im Nationalsozialismus und über das Leben der Mitglieder der Jüdischen Gemeinde heute.

Der Besuch wurde vom Duisburger Historiker und  Publizisten Dr. L. Joseph Heid geleitet. Er ist Mitglied der Jüdischen Gemeinde und ein Kenner der jüdischen Geschichte Duisburgs und Umgebung.

Er überraschte uns mit überraschenden Einblicken in die jiddische Sprache. Was es mit dem Pleitegeier auf sich hat und wie es zum Ausspruch kommt, dass der Haussegen schief hängt, sind nur zwei schöne Beispiele für die Verbindung zwischen dem Jiddischen und der deutschen Sprache.

Neben dem Gemeindesaal, in dem eine Vielzahl von auch öffentlich zugänglichen Veranstaltungen stattfinden, haben wir vor allem die Synagoge als Ort der religiösen Begegnung kennen gelernt.

Wie der Umgang mit der orthodoxen Trennung von Männern und Frauen praktiziert wird, was die 636 Gebote und Verbote im Alltag für eine Bedeutung haben, wer das Sagen in der Küche der Gemeinde hat, wer singt und wo musiziert wird, ob es Rabbinerinnen gibt und wie man Rabbiner/in werden kann, was es bedeutet, zum Judentum zu konvertieren, was orthodoxe, aber auch liberale oder egalitäre Gottesdienste kennzeichnet, vieles wurde gefragt und blieb nicht unbeantwortet. Selbst die Bedeutung der Zeitschaltuhr für das Essen am Sabbat hatte ihren Platz in der Erzählung vom Leben in der Gemeinde.

Neben den heiteren Erzählungen und Einblicken in die Kultur und Religiosität sprachen wir auch über die Judenfeindlichkeit in der Geschichte ebenso wie in der Gegenwart. Gedenktafeln in der Synagoge erinnern an die gefallenen Juden im 1. Weltkrieg und an die in den Vernichtungslagern ermordeten Juden des 2. Weltkrieges. Nach dem Holocaust war die Gemeinde auf 40 Mitglieder geschrumpft. Erst die Öffnung des Eisernen Vorhangs in den 90er Jahren brachte einen Anstieg auf 3.000 Gemeindemitglieder. Und heute? Beschimpfungen und Bedrohungen reißen nicht ab und steigern sich je nach politischer Großwetterlage. Mit der AfD ist zudem eine Partei in die Parlamente eingezogen, die in ihren politischen Aussagen die Judenfeindlichkeit steigert. Es bleibt an uns, solidarisch für die Gemeindemitglieder einzutreten und gegen die Gleichgültigkeit und gegen den Antisemitismus ein Zeichen zu setzen.
Wer selber wissen möchte, was es mit Pleitegeiern, Haussegen und Rabbinerinnen auf sich hat, dem sei ein Besuch unter Anleitung von Dr. L. Joseph Heid empfohlen. Im Rahmen der Duisburger Akzente kann auch so manches zu Massel und Schlammassel vertieft werden.
Mehr Informationen zur Jüdischen Gemeinde (Duisburg, Mülheim/Ruhr und Oberhausen) gibt es über den u.g. Link.