Ausbildungsunterricht in Corona-Zeiten

Referendarin erzählt von ihren Erfahrungen

Gerade für Referendar*innen, die sowieso viel Neues im Referendariat lernen, ist die Corona-Krise besonders herausfordernd. Wir haben mit einer Lehramtsanwärter*in gesprochen. Maria Isaak absolviert ihre Ausbildung an einem Gymnasium in den Fächern Russisch und Englisch.
Ausbildungsunterricht in Corona-Zeiten

Foto: contrastwerkstatt/Fotolia

Wie erleben Sie den Ausbildungsunterricht im Moment?

Maria Isaak: Die andauernde Corona-Pandemie hat unseren Alltag, an den wir uns als Referendare gerade erst gewöhnt haben, unterbrochen und nachhaltig beeinträchtigt. Ich habe vor der Corona-Zwangsschließung einen Unterrichtsbesuch in einer Ausbildungsklasse der Sek I in Fach Englisch geplant und dieser fiel exakt auf den Tag der flächendeckenden Schulschließung. Das hat mich einerseits komplett aus dem Konzept der langfristigen Planung gebracht, aber andererseits auch angeregt, meine Vorgehensweise zu überdenken und neue Wege zu suchen, so dass ich die Schüler*innen bestmöglich fördern kann. Außerdem musste der Kontakt zu den Schüler*innen gehalten werden. Das schnelle Umstellen auf das digitale Lernen ist eine große Herausforderung und kann auf Dauer keinesfalls ein Ersatz für eine reguläre Ausbildung vor Ort sein.

Ich freue mich, dass ich jetzt die Möglichkeit erhalten habe, im Fernunterricht in den beiden Fächern Englisch und Russisch eingesetzt zu werden und dem Kompetenzaufbau der Schüler*innen beitragen zu dürfen. Im Fach Russisch kann ich nach Absprache mit meiner Ausbildungslehrerin eine komplette Unterrichtsreihe eigenständig digital entwickeln und bis zu den Sommerferien durchführen. Es motiviert mich sehr, dass ich die neuen digitalen Lehr- und Lernangebote für den Distanzunterricht neu kennen lerne. Ich mache mir ständig darüber Gedanken, wie die gesetzten Ziele und die zu erwartenden Kompetenzen pädagogisch gestützt und mediengeleitet erreichbar sind.

Trotz aller anfänglichen Skepsis sehe ich positive Entwicklungen und Auswirkungen zumindest die Motivation der Schüler*innen betreffend, die hoffentlich auch den gewünschten Lernerfolg mit sich bringt.

Was klappt gut? Was sind die Herausforderungen für Sie als Referendarin? 

Maria Isaak: Obwohl die Corona-Krise unsere Ausbildungssituation ziemlich erschwert hat, und seit Mitte März alle Referendar*innen von den schulischen sowie Seminarpräsenzveranstaltungen befreit sind, bedeutet das keine Pause in der Ausbildung! Unser Ausbildungsprozess entwickelt sich angesichts der herrschenden Unsicherheit in dem eingeplanten Tempo weiter und wurde nun in das digitale Umfeld verlegt. Das hat bei mir von Anfang an ziemlich gut funktioniert, vor weil ich eher zum introvertierten und pflichtbewussten Lerntyp gehöre, der sich gern mit eigenen Dingen am Laptop beschäftigt, neue Arbeitsblätter in tutory erstellt oder interaktive Aufgaben in LearningApps entwickelt.

Eine große Herausforderung war für mich die hohe Arbeitsbelastung, die durch die zeitliche Kollision von Korrekturen der Aufgaben der Schüler*innen und selbständig zu bearbeitenden Arbeitsaufträgen seitens des ZfsLs entstanden ist. Das Erledigen von verlangten Aufgaben hat dazu geführt, dass ich stundenlang daran gesessen habe und mich am Ende mehr erschöpft gefühlt habe als zu der Zeit der Präsenzveranstaltungen während der Ausbildung. Dazu kam natürlich der Druck der kommenden Unterrichtsbesuche und die E-Mail-Flut.

Inwiefern könnte die Krise auch eine Chance für die Ausbildung von Lehrkräften sein?

Maria Isaak: Ich bin davon überzeugt, dass wir als angehende Lehrkräfte diese Krise genutzt haben und weiterhin nutzen, um aus ihr zu lernen und unsere fachlichen sowie überfachlichen Kompetenzen aus allen Handlungsfeldern zu erweitern und neues Wissen anzueignen. Der ständige Austausch mit anderen Referendar*innenen aus verschiedenen Schulformen während der Krise hat gezeigt, auf welchem unterschiedlichen Niveau die Ausgangslage der Schulausstattung in den Schulen ist. An meiner Schule arbeiten wir seit dem Corona-Ausbruch digital mit der Moodle-Plattform, was für viele Schüler*innen sowie Lehrer*innen neu und ungewöhnlich war. Da wir als Referendar*innen aus der Uni diese Plattform bereits kannten, war der Umstieg und die Gestaltung des Lernprozesses für Referendare weniger problematisch. Die persönlichen Unterrichtsgespräche mussten durch Videokonferenzen ersetzt werden. Ausgehend von der gegebenen Situation musste das Methodenrepertoire schnellstmöglich mit innovativen Ideen und dazu passenden digitalen Tools angereichert werden. Durch das Lernen auf Distanz werden unsere verfestigten Vorstellungen von Unterricht verändert, denn der Unterricht ist nicht mehr eine Zusammenkunft von Schüler*innen und Lehrer*innen im Klassenraum. Eine Lernsituation kann unterschiedliche Formen annehmen, zum Beispiel eine Videokonferenz, Wortschatzfestigung durch Quizlet oder Kommunikation über schulcloud, selbständige oder autonome Erledigung von Arbeitsblättern in außerschulischer Umgebung.

Wenn die Lehrkräfte bereit sind, neue Wege zu gehen und sich von den Herausforderungen und scheinbaren Barrieren nicht abschrecken lassen, kann die Corona-Krise als Chance wahrgenommen werden, um über eigene Denkmuster zu reflektieren, sich neues Wissen anzueignen und auch das Gelernte aus dem Lernen auf Distanz in der zukünftigen Berufslaufbahn im Sinne der Schüler*innen zu übertragen.

Die Fragen stellte Fabian Kaske, Redakteur gew-nrw.de.


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