Am 11. Dezember 2020 – zeitgleich mit den Informationen zum angepassten Schulbetrieb in Corona-Zeiten – hat das Ministerium für Schule und Bildung (MSB) die Grundschulen per Schulmail über die neuen Lehrpläne für die Primarstufe informiert und bekräftigt, dass diese zu Beginn des Schuljahres 2021/2022 in Kraft gesetzt werden sollen.
Bereits im Koalitionsvertrag 2017 wurde festgeschrieben, dass es an den Grundschulen weitreichende Änderungen geben soll, um die bestmögliche Bildung im Primarbereich sicherzustellen. Ein Masterplan Grundschule wurde angekündigt, das Schulministerium ließ sich mit der Erarbeitung dieses Plans allerdings viel Zeit: Erst nach drei Jahren wurde der Masterplan im August 2020 vorgestellt und kundgegeben, dass es zum Schuljahr 2021/2022 neue Lehrpläne für die Grundschule geben soll.
Zusätzliche Belastung der Kolleg*innen an Grundschulen unbedingt verhindern!
Seit der Vorstellung des Masterplans Grundschule ist allerdings viel passiert: Die zweite Welle der Corona-Pandemie ist über uns hereingebrochen, Schule findet nur unter schwierigen Bedingungen statt. 2020 endete bereits mit dem Aussetzen der Präsenzpflicht. Das Jahr 2021 startete mit einem Knall für die Schulen, denn innerhalb weniger Tage mussten Lehrkräfte mit vereinten Kräften von Präsenz- auf kompletten Distanzunterricht umstellen. Wie es an NRWs Schulen ab Februar weitergeht, ist unklar. Für die Beschäftigten ist dieses Schuljahr bereits jetzt eines der schwierigsten, welches sie bislang erlebt haben.
Das Festhalten an der Einführung neuer Lehrpläne an den Grundschulen zum 1. August 2021 sowie die Änderung der Ausbildungs- und Prüfungsordnung Grundschule (AO-GS) hinsichtlich des Fachs Englisch erscheint den Kolleg*innen – zusätzlich zu ihren derzeitigen Belastungen – daher als ein Schlag ins Gesicht.
Verbändebeteiligung kaum möglich, bestmögliche Bildung für Grundschüler*innen fraglich
Trotz der momentanen Situation an den Schulen wurde die Verbändebeteiligung für die Lehrplannovellierung vor den Weihnachtsferien eingeleitet und soll innerhalb weniger Wochen abgeschlossen sein. Der gewählte Zeitpunkt zeigt, dass dem MSB nach fast einem Jahr Corona-Pandemie noch immer nicht klar ist, wie belastet die Schulen und Beschäftigten durch die momentane Situation wirklich sind.
Für die so wichtige Erarbeitung von Rückmeldungen aus der Schulpraxis zu den Lehrplanentwürfen fehlt es den Kolleg*innen oftmals an Zeit, eine ausführliche Diskussion kann unter den momentanen Bedingungen nicht geleistet werden. Wirkliche Beteiligung sieht anders aus und ob auf diesem Wege die bestmögliche Bildung für Grundschüler*innen erreicht werden kann erscheint fraglich, wenn nicht utopisch.
Lehrkräfte an der Grundschule haben Belastungsgrenze erreicht
Nicht nur für die Rückmeldung aus der Schulpraxis, auch für die Implementation der Lehrpläne ist ein viel zu enges Zeitfenster gesteckt worden. Soll die Einführung der Lehrpläne wirklich zum Schuljahr 2021/2022 erfolgen, bedeutet dies einen massiven zusätzlichen Einsatz der Lehrkräfte, die bereits jetzt an ihrer Belastungsgrenze arbeiten. Sämtliche Arbeitspläne, Unterrichtsmaterialien und Zeugnisraster müssten in einem viel zu eng gesteckten Zeitfenster überarbeitet werden.
Arbeitsleistung der Kolleg*innen an den Grundschulen anerkennen – Masterplan verschieben!
Die GEW NRW fordert deshalb in einem offenen Brief das MSB nachdrücklich dazu auf, die Einführung neuer Lehrpläne für die Grundschulen und der Änderung der AO-GS im Hinblick auf die Stundentafel Englisch zu verschieben. Nur so kann gewährleistet werden, den zum Teil gravierenden Änderungen sorgfältig Rechnung zu tragen. Zum anderen wäre dies ein wichtiges Zeichen an die Kolleg*innen an den Grundschulen, dass ihre Arbeitsleistung unter den derzeitigen Belastungen erkannt und gewürdigt wird.
Frauke Rütter, Expertin für Schulpolitik der GEW NRW