Pädagogische Professionalität bedeutet für mich, pädagogische Kräfte nach ihrer Profession sinnvoll einzusetzen, um möglichst direkt auf Situationen reagieren zu können. Aufgaben müssen im Team besprochen und begleitet werden.
Ich, als Lehrerin, bin nicht nur Lehrende, sondern werde in vielerlei Hinsicht zur Beobachterin und Koordinatorin: Augen und Ohren offenhalten, dem Kind zeigen, dass es gesehen wird und den Familien so begegnen, dass sie Hilfsangebote annehmen können. Ebenso muss ich aber auch Stellen und Personen kennen, die die Familien weiter unterstützen können.
Professionell den Lockdown gemeistert
Professionell zusammen arbeiten: Was das heißt, das hat sich gerade im Corona-Lockdown samt Schulschließungen gezeigt. In dieser Ausnahmesituation kamen Kinder und Familien an ihre Grenzen. Familiäre Abläufe mussten neu organisiert und neue Herausforderungen wie das Lernen auf Distanz, die Wohnungsenge, den Ausgleich fehlender alternativer Betreuungs- und Freizeitangebote gemeistert werden. Durch die Rückmeldungen aus den Familien setzte sich etwas in Gang, was schließlich dazu führte, dass die Professionen ihre Stärken gezielt einsetzten.
Mir fallen mehrere Professionen ein, ohne die einige Schüler*innen in meiner Klasse nicht so gut durch die Corona-Zeit gekommen wären: Die Schulsozialarbeiterin beispielsweise stand den Familien in dieser Zeit konkret und zeitnah als Gesprächspartnerin zur Seite, wenn diese Hilfe benötigten. Außerdem nutzte sie ihre Kontakte zu den Stellen bei der Stadt, um beispielsweise Gelder für Nachhilfe für Kinder mit Migrationshintergrund zu bekommen, um dann anschließend Nachhilfelehrer*innen zu organisieren.
Gleichermaßen hielt sie Kontakt zu dem Migrationsbüro, deren Mitarbeiter*innen die Familien in dieser Zeit besucht haben, um die Corona-Schutzmaßnahmen zusätzlich noch zu erläutern, da die Sprachbarrieren hoch waren. Außerdem wurde ich im Lockdown durch die professionelle Arbeit der Förderschullehrkräfte unterstützt, die durch ihre konstanten persönlichen Kontakte zu den Familien (Hausbesuche, Telefonate) dafür gesorgt haben, dass für sie eine verlässliche Struktur und Kontinuität entstehen konnte, was diesen Kindern ermöglicht hat im Lernprozess bleiben.
Verhältnis von Schule und Elternhaus
Die Vernetzung von Schule und Elternhaus ist bei schwierigen Familienverhältnissen ohne die sozialpädagogischen Berufe nur schwer möglich. In den Klassen mit vielen Herausforderungen ist ein multiprofessionelles Team ein Gewinn für alle Beteiligten, vor allem für die Kinder. Sie finden in meinen Kolleg*innen innerhalb der Schule nicht nur Ankerpunkte. Sie sind wichtige Stellen für die Kinder, um in der Gesellschaft anzukommen.
Und so kann Schule mit all ihren Professionen die erste Anlaufstelle für Kinder und Eltern sein. Unkompliziert und direkt finden sie dort Ansprechpartner*innen, die sie zu ihren Fragen und Sorgen beraten sowie gegebenenfalls an Professionen außerhalb von Schule weiterleiten.
Multiprofessionelle Teams sollen Standard werden
Die vielfältigen Aufgaben der Lehrer*innen sind immer häufiger nur mit einem multiprofessionellen Team zu bewältigen. Perspektivisch heißt das im besten Fall: mehr multiprofessionelle Teams zur Begleitung der Kinder in unseren Klassen.
Susanne Kerner, Mitglied der GEW NRW
Noch mehr zu Professionalität und Multiprofessionalität lesen Sie in der neuen lautstark.. Sie erscheint als Onlineversion bereits am Freitag, 21. August 2020, auf lautstark-magazin.de. GEW-Mitglieder erhalten das Heft auch postalisch als Printausgabe nach Hause und finden es ab Dienstag, 25. August 2020 in ihren Briefkästen.